ÄGYPTEN
BIG LITTLE WOMEN
Ein Dokumentarfilm von Nadia Fares
Drei Generationen von Frauen rebellieren gegen das Patriarchat. Die schweizerisch-ägyptische Filmregisseurin Nadia Fares zollt ihrem Vater Tribut und erzählt von 75 Jahren Frauenkampf in Ägypten, ihrem Vaterland, und in der Schweiz, ihrem Mutterland, wo sie aufgewachsen ist. Die Feministin Nawal El Saadawi (1931–2021), die gegen die Einschränkungen der Frauen durch die ägyptische Gesellschaft kämpfte, stellt die Geschichte der Familie Fares in einen breiteren historischen Kontext. Nadia Fares verwendet eine sehr persönliche poetische Formel, um die Hommage an ihren geliebten Vater in eine Chronik der Stellung der Frau in Ägypten und der Schweiz zu verwandeln. Sie erforscht die Auswirkungen der patriarchalen Tradition, indem sie Orient und Okzident spiegelt.
„Sowohl in der Schweiz als auch in Ägypten hat ein Patriarch
oft die Autorität, das Schicksal der Frauen in seiner Familie zu
zerstören.
Ausgehend von meiner persönlichen Geschichte zeige ich spiegelbildlich
zwei Seiten des patriarchalischen Systems.“ Nadia Fares
Big Little Women lief u.a. auf dem Locarno Filmfestival.
Ägypten, Schweiz 2022, 86 Min., Originalfassung (Arabisch, Englisch, Schweizerdeutsch) mit dt. Untertiteln
Sa 07.10., 19.00 h
Linden-Museum Stuttgart
FAR FROM THE NILE
Ein Dokumentarfilm von Sherief Elkatsha
Zwölf Künstler*innen aus sieben Ländern entlang des Nils schließen sich zu dem Musikkollektiv The Nile Project zusammen, um Musikstile, Rhythmen und Sprachen zu verschmelzen und so auf den Wasserkonflikt entlang des ikonischen Flusses aufmerksam zu machen. Während sie ihre Heimatländer Ägypten, Eritrea, Äthiopien, Sudan, Kenia, Burundi und Uganda verlassen, um sich auf eine 100-tägige Tournee durch die USA zu begeben, zeigt der Film die Herausforderungen der Zusammenarbeit über kulturelle Grenzen hinweg. Trotz verschiedener Musikstile und konkurrierender Egos müssen die Künstler und Künstlerinnen Wege finden, politische und kulturelle Unterschiede zu überwinden und in ihrer Sache geeint zu bleiben.
Der ägyptische Filmemacher Sherief Elkatsha folgt in seiner unterhaltsamen und oft erbaulichen Dokumentation dem Musikkollektiv und zeigt nicht nur die Höhen und Tiefen, die man bei einem so ehrgeizigen Unterfangen erwarten kann, sondern auch die faszinierende Musik. Far From The Nile gewann auf dem Filmfestival Kairo 2022 den Best Non-Fiction Award.
Ägypten, USA 2022, 99 Min., Originalfassung (Arabisch, Amharisch, Englisch, Swahili) mit engl. Untertiteln
Mo 09.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
Do 12.10., 18.00 h
Kupferbau HS 24 Tübingen
ALGERIEN
HOURIA
Ein Spielfilm von Mounia Meddour
Algier. Houria (Lyna Khoudri) ist eine ambitionierte Tänzerin und
träumt davon, im algerischen Nationalballett aufgenommen zu werden.
Doch ein plötzlicher und gewaltiger Angriff lässt diesen Traum
platzen und ihr ganzes Leben verändert sich drastisch. Zusammen
mit einer Frauengemeinschaft findet Houria einen neuen Sinn in ihrem
Leben, indem sie Tanz als Mittel zur Wiederherstellung und Sublimierung
verletzter Körper einsetzt. Eine Hommage an die Hoffnung, die Resilienz
und die Lebensfreude.
Nach Papicha (2019), ihrem eindrücklichen ersten Spielfilm, erzählt
die algerisch-französische Regisseurin Mounia Meddour nun die ergreifende
Geschichte einer jungen Frau, die Alles tut, um wieder auf die Beine
zu kommen, nachdem sie alles verliert, was ihrer Existenz Sinn verliehen
hat. Eine wahre Hommage an die Hoffnung, Resilienz und Lebensfreude.
Algerien, Frankreich, Belgien 2022, 103 Minuten, Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit engl. Untertiteln
Sa 14.10., 18.00 h
Atelier am Bollwerk Stuttgart
Sa 14.10., 20.00 h
Kupferbau HS 24 Tübingen
IRAK
HANGING GARDENS | JANAIN MUALAQA
Ein Spielfilm von Ahmed Yassin Al Daradji
Die Brüder As'ad (12) und Taha (28) fristen ihr Dasein als Müllsammler in den "Hängenden Gärten" - dem lokalen Spitznamen für die riesigen Müllhalden Bagdads. Eines Tages entdeckt Asad eine amerikanische Sexpuppe. Als er diesen verpönten Gegenstand mit nach Hause bringt, wird er von Taha beschuldigt, ihren Ruf ruiniert zu haben. Daraufhin zieht er sich in die Hängenden Gärten zurück, um dort ein neues Zuhause für sich und seinen wundersamen Fund zu schaffen. Als Asads Freund Amir die Puppe entdeckt, schlägt er vor, sie den Leuten in der Gegend anzubieten. Das Geschäft geht steil bergauf und verschafft ihnen einen lukrativen Erfolg. Während der lokale Gangsterboss und seine Schergen von dem Plan Wind bekommen und darüber nicht besonders erfreut sind, sieht Asad in der Puppe viel mehr als nur ein Sexobjekt.
Hanging Gardens ist das eindrucksvolle Regiedebüt von Ahmed Al Daradji. Die ergreifende Coming-of-Age-Geschichte, die zwischen Humor und Drama wechselt, wurde 2022 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt, gewann anschließend den Preis für den besten Spielfilm und der besten Kamera beim Red Sea International Film Festival und ist Iraks Oscar©-Einreichung 2024.
Irak, Palästina, Saudi Arabien, Ägypten 2022, UK, 117 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
Fr 06.10., 18.45 h
Innenstadtkinos EM Stuttgart
BAGHDAD ON FIRE
Ein Dokumentarfilm von Karrar Al-Azzawi
Baghdad 2019: Seit hundert Tagen besetzen junge Frauen und Männer den Tahrir-Platz in Baghdad, darunter auch die 19-jährige Tiba und ihre Freunde Khader und Yousif, die die meiste Zeit ihres Lebens unter der US-Besatzung verbracht haben. Unabhängig von Klasse, Religion und Geschlecht, leben sie Seite an Seite in der Zeltstadt, protestieren und kämpfen für einen freien Irak ohne korrupte Politiker und ausländische Truppen. Mit einem medizinischen Team helfen die drei Jugendlichen verletzten Demonstrant*innen und planen auf dem Tahrir-Platz den Wandel ihres Landes.
Regisseur Al-Azzawi war selbst Teil der revolutionären
Jugendbewegung im Irak, musste jedoch bereits vor 2019 fliehen und lebt
heute in Norwegen.
Sein Film ist eine inspirierende und mitreißende Reise, die von
Hoffnung, Mut und dem schmerzhaften Preis erzählt, den das Ringen
um Demokratie und Freiheit fordert.
Baghdad on fire feierte im März 2023 seine Premiere auf dem CPH:DOX
in Kopenhagen und wurde mit dem F:act Award ausgezeichnet
.Irak, Norwegen 2023, 65 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
So 08.10., 17.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
JEMEN
THE BURDENED | AL MURHAQOON
Ein Spielfilm von Amr Gamal
Aden, die alte Hafenstadt im Süden des Jemen: Isra’a lebt hier mit ihrem Mann Ahmed und ihren drei Kindern. Militärkontrollen in den Straßen, häufige Stromausfälle, kein fließendes Wasser - der Bürgerkrieg prägt ihren aussichtslosen Alltag. Als Isra’a unerwartet schwanger wird, gerät das Paar in eine Sackgasse, ein viertes Kind können sie sich nicht leisten. Gemeinsam entschließen sie sich zu einer Abtreibung. Es beginnt eine Odyssee, auf der eine befreundete Ärztin zur Schlüsselfigur wird.
Regisseur
Amr Gamal fiktionalisiert eine Geschichte, die sich in seinem Freundeskreis
zugetragen hat. Ein sensibles Familiendrama, das vor dem
Hintergrund eines der weltweit verheerendsten Bürgerkriege einen
erhellenden Blick in die Gesellschaft eines hierzulande nahezu unbekannten
Landes erlaubt.
The Burdened gewann 2023 auf der 73. Berlinale den Amnesty International
Filmpreis und ist Jemens Einreichung für die Oscars© 2024.
Jemen, Sudan, Saudi Arabien 2023, 91 Min., Originalfassung (Arabisch) mit dt. Untertiteln
Fr 06.10., 21.00 h
Innenstadtkinos EM Stuttgart
JORDANIEN
INSHALLAH A BOY | INSHALLAH WALAD
Ein Spielfilm von Amjad Al Rasheed
Jordanien heute. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes muss die 30-jährige Nawal (Mouna Hawa) um ihren Anteil am Erbe kämpfen, um ihre Tochter und ihr Zuhause zu retten - in einer Gesellschaft, in der ein Sohn eine große Veränderung bedeuten würde. Nawal steht nun in Ermangelung eines formalen Erbvertrags mittellos da. Ihr Schwager Rifqi (Hitham Omari) erhebt im Rahmen des geltenden Erbschaftsrechts seinen Anspruch auf die Wohnung des Paares und die Vormundschaft für Nawals kleine Tochter Nora (Seleena Rababah). Die einzige Möglichkeit, die scheinbar unvermeidliche Zwangsräumung abzuwenden, besteht darin, dass Nawal einen Sohn zur Welt bringt - ein verzweifeltes Ziel, das sie in eine Reihe von unüberlegten Situationen zwingt, die nicht nur ihren Glauben, sondern auch die Grenzen ihrer Kraft herausfordern.
Jungregisseur Amjad Al Rasheed schafft es mit seinem Debütfilm Inshallah A Boy 2023 nicht nur nach Cannes (Semaine de la Critique). Als erster jordanische Film, der jemals in Cannes gezeigt wurde, wurde er zudem mit dem Gan Foundation Award und dem Rail d'Or Preis für den besten Spielfilm ausgezeichnet.
Jordanien, Saudi Arabien, Katar, Frankreich 2023, 113 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
Fr 13.10., 18.00 h
Atelier am Bollwerk Stuttgart
Sa 14.10., 18.15 h
Kupferbau HS 22 Tübingen
LIBANON
Q
Ein Dokumentarfilm von Jude Chehab
Jude Chehab, libanesisch-amerikanische Kamerafrau und Filmemacherin, ist in einer in einer eng verbundenen Familie in den USA aufgewachsen und hat ihre Mutter Hiba immer als treue muslimische Gläubige gekant. Nun lebt Jude wieder im Libanon und hat die Gelegenheit, Zeit mit ihrer undurchschaubaren Mutter zu verbringen. Sie möchte Hibas spirituelle Hingabe besser verstehen - insbesondere ihr glühendes Engagement für einen rein weiblichen religiösen Orden, der seit Jahrzehnten im Verborgenen agiert. Wenn sie nicht gerade Schülerinnen den Koran beibringt oder mit Gleichaltrigen an Gedichtlesungen teilnimmt, befolgt Hiba strikt die detaillierten Anweisungen der Anisa, der Leiterin des Ordens, die ihren Anhängerinnen die genaue Einhaltung der Gebetstage vorschreibt. Jude hinterfragt behutsam, aber entschlossen, wie sehr dieser religiöse Orden die Aufmerksamkeit und blinde Hingabe ihrer Mutter in Anspruch nimmt - eine Hingabe, die schließlich zu einem emotionalen Bruch in der Familie führt.
Talentiert und visuell beeindruckend zeichnet Filmemacherin Jude Chehab in ihrem ersten abendfüllenden Film ein intimes und eindringliches Porträt der Suche nach Liebe und Akzeptanz um jeden Preis nach und zeigt respektvoll und eindringlich den heimtückischen Einfluss eines undurchdringlichen matriarchalischen religiösen Ordens auf drei Generationen von Frauen. Q feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des Tribeca Filmfestival im Juni 2023.
Libanon, USA 2023, 91 Min., Originalfassung (Arabisch, Englisch) mit engl. Untertiteln
Di 10.10., 19.00 h
Linden-Museum Stuttgart
MAROKKO
THE MOTHER OF ALL LIES | KADIB ABYAD
Ein Dokumentarfilm von Asmae El Moudir
Die junge marokkanische Filmemacherin Asmae El Moudir hat Fragen. Fragen an ihre Familie über die seit Jahrzehnten ein Mantel des Schweigens liegt. Sie will wissen, warum sie nur ein einziges Foto aus ihrer Kindheit hat und warum das Mädchen auf dem Bild gar nicht sie selbst ist. Asmae möchte diesen Geheimnissen auf den Grund gehen, ihre Familiengeschichte kennenlernen. Zusammen mit ihrem Vater baut sie detailgetreue Modelle der Häuser und Straßen ihres Quartiers nach und fertigt Puppen der dort wohnhaften Personen an. Dadurch manifestieren sich Räume der Erinnerung, an denen ganz buchstäblich gearbeitet wird. Nach und nach kommt sie den familiären Hintergründen auf die Spur und bringt am Ende sogar ihre äußerst verschwiegene Großmutter zum Reden. Was dabei ans Tageslicht kommt, findet seine Ursprünge in der marokkanischen Geschichte und hat in der Familiengeschichte tiefe Spuren und Wunden hinterlassen. Brillant, mit interessanten, manchmal surrealen Stilmitteln beginnt El Moudir das Wirkliche an die Oberfläche zu holen.
The mother of all lies feierte im Mai 2023 seine Weltpremiere in Cannes (Un Certain Regard) und erhielt den Regiepreis und den Golden Eye Documentary Prize. Der Film ist Marokkos Einreichung für die Oscars© 2024.
Marokko, Ägypten, Saudi Arabien, Katar 2023, 96 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
Fr 13.10., 19.00 h
Linden-Museum Stuttgart
ABDELINHO
Ein Spielfilm von Hicham Ayouch
Abdelinho, mit richtigem Vornamen Abdellah, lebt in einer kleinen Stadt in Marokko. Gefangen zwischen einer hysterischen Mutter und einem kafkaesken Job in einer Behörde, sieht er seinen einzigen Ausweg in seiner Liebe zu Brasilien und zu Maria, der Heldin einer gleichnamigen Telenovela. Diese Leidenschaft wird durch die Ankunft des dogmatischen TV-Predigers Amr Taleb (Ali Suliman, palästinesicher Schauspieler, Paradise Now, 200 Meters) bedroht, der eine Nüchternheit predigt, die weit entfernt ist von den Samba-Kursen, die Abdelinho den Frauen seiner Stadt gibt. Gleichzeitig erleidet die brasilianische Seifenoper-Heldin Maria, die von dem korrupten Bauunternehmer Roberto schikaniert wird, eine parallele Tortur...
Abdelinho, der vierte Spielfilm von Hicham Ayouch (Fevers 2014), unterstreicht mit Surrealismus und Humor, wie Fanatismus Träume und Kreativität einschränken und Gesellschaften lähmen kann. Er feierte im November 2022 seine Premiere auf dem Internationalen Filmfestival Marrakesch.
Marokko 2022, 100 Min., Originalfassung (Arabisch, Portugiesisch) mit engl. Untertiteln
So 08.10., 19.00 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
Sa 14.10., 18.00 h
Kupferbau HS 24 Tübingen
PALÄSTINA
75 JAHRE NAKBA - UND KEIN ENDE IN SICHT
BYE BYE TIBERIAS
Ein Dokumentarfilm von Lina Soualem
Mit Anfang zwanzig verließ die palästinensische Schauspielerin Hiam Abbass – bekannt u.a. durch ihre Rollen in Roter Satin, Der Zitronenbaum oder Gaza mon amour – ihr Heimatdorf Deir Hanna in Galiläa, um in Europa Schauspielerin zu werden, und ließ ihre Mutter, Großmutter und sieben Schwestern zurück. Dreißig Jahre später kehrt ihre Tochter, die Filmemacherin Lina Soulem, mit ihr in das Dorf am Tiberiassee, dem See Genezareth, zurück, von wo ihre Großeltern, Um Ali und Hosni Tabari, 1948 vertrieben wurden. Vom See aus zeigte Hiam Abbass ihrer Tochter damals die Welt, zu der auch sie gehörte: eine Welt, die durch Konflikte und koloniale Eingriffe geteilt war, aber dennoch durch Familie, Berge, Flüsse und Täler mit Syrien im Osten, Libanon im Norden und Jordanien im Süden verbunden war. Mit der Kamera in der Hand hinterfragt Lina die mutigen Entscheidungen ihrer Mutter und die Art und Weise, wie die Frauen in ihrer Familie ihr Leben beeinflusst haben.
Bye bye Tiberias ist nach Their Algeria (AFF 2021) der zweite Film von Lina Soualem, feierte seine Weltpremiere jüngst auf der Biennale in Venedig (Venice Days) und lief danach auf dem Toronto Filmfestival.
Palästina, Frankreich, Belgien, Katar 2023, 82 Min., Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit engl. Untertiteln
Do 12.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
Samstag, 14.10., 20.15 h
Kupferbau HS 22 Tübingen
ALAM
Ein Spielfilm von Firas Khoury
Der 17-jährige Tamer (Mahmoud Bakri) und seine Freunde besuchen eine palästinensische Schule in Galiläa. Als eines Tages die attraktive Maysaa‘ (Sereen Khass) auftaucht und seine Freunde eine Aktion planen, bei der die israelische Flagge an seiner Schule durch eine palästinensische ersetzt werden soll, wird der schweigsame Jugendliche einige Entscheidungen treffen müssen. Die Aktion soll im Vorfeld des israelischen Unabhängigkeitstages stattfinden, der für Palästinenser*innen ein Trauertag ist, der an ihre Enteignung und Vertreibung 1948 erinnert. Für Tamer ist die soziale und psychologische Dissonanz, Palästinenser in Israel zu sein, ein täglicher Kampf, der sich nun im Vorfeld des Nakba-Tages noch verstärkt. Er folgt dem jugendlichen Drang, dem Mädchen näher zu kommen, ist aber auf das Risiko nicht vorbereitet, das sich aus ihrem gemeinsamen Traum ergeben kann...
Firas Khourys Spielfilmdebüt ist eine fesselnde Coming-of-Age-Geschichte. Gekonnt zeigt er die drastischen Mechanismen des israelischen Nationalismus auf und führt uns durch das Labyrinth aus Kontrolle und Widersprüchen, das dem erzwungenen Vergessen der Geschichte folgt. Alam wurde 2022 beim Toronto International Film Festival uraufgeführt und gewann auf dem Cairo International Film Festival sowohl die Goldene Pyramide für den besten Film und den Publikumspreis als auch den Preis für den besten Schauspieler (Mahmoud Bakri).
Palästina, Tunesien, Frankreich, Saudi Arabien, Katar 2022, 110 Min., Originalfassung (Arabisch, Hebräisch) mit engl. Untertiteln
Sa 07.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
Do 12.10., 20.00 h
Kupferbau HS 24 Tübingen
RECOVERY
Ein Dokumentarfilm von Rashid Masharawi
Rashid Masharawi nimmt uns mit auf eine besondere Reise durch die palästinensische Hafenstadt Jaffa, die sein Vater 1948 im Zuge der Nakba-Vertreibung verlassen musste. In dem eindrucksvoll ästhetischen Dokumentarfilm wird - durch den einfallsreichen Einsatz von Fotografien, mündlichen Zeugnissen und reichhaltigem Sounddesign- dieses Juwel des Mittelmeers zum Leben erweckt und die Zuschauer*innen auf einen fesselnden Spaziergang durch die Straßen von Jaffa mitgenommen. Masharawi ruft Taher Al-Qalyubi wach, der seine Erinnerungen an seine geliebte Stadt auf VHS-Kassette festhielt. Obwohl Taher sechs Monate vor Masharawis Filmidee starb, besteht eine tiefe Verbindung zu diesem Mann, der mit seinem Vater und Großvater die gleiche Geschichte teilt. Durch Tahers Erzählungen erweckt Marshawi Erinnerungen an die Stadt, an die Wellen am Ufer von Jaffa, die Geräusche der Straßen, die Liebenswürdigkeit ihrer Bewohner und ihr Lebensgefühl.
Recovery ist eine großartige filmische Erfahrung, die mittels prächtiger Fotos aus den Jahren 1930 bis 1948 die Grenze zwischen Zeit und Raum auflöst. Seine Sehnsucht nach der verlorerenen Heimat haucht den statischen Körpern, die er zeigt, neues Leben ein.
Palästina 2021, 60 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
Fr 13.10., 18.00 h
Kupferbau HS 24 Tübingen
THE TEACHER
Ein Spielfilm von Farah Nabulsi
Basem (Saleh Bakri) ist Lehrer in der Westbank und seit einem tragischen Vorfall mit seinem Sohn, der auch seine Ehe beendet hat, am Boden zerstört. Basem nimmt besonders Anteil am Leben zweier seiner Schüler - der Brüder Adam und Yacoub -, als ihr Haus ohne Vorwarnung von israelischen Bulldozern zerstört wird. Währenddessen bitten ein amerikanischer Diplomat und seine Frau um die Rückkehr ihres entführten Sohnes, eines Soldaten, der von einer palästinensischen Widerstandsgruppe als Geisel gehalten wird. Während die Eltern ihre Netzwerke ausschöpfen und frustriert sind, weil es keine Fortschritte gibt, weitet sich die Suche mit voller Wucht auf Basems Nachbarschaft aus. Bald bilden die Suche nach dem Soldaten, Adams wachsende Wut und Basems anhaltendes Engagement für den politischen Widerstand eine brisante Kombination, die alle Beteiligten zu zerstören droht.
The Teacher, der unter schwierigen Bedingungen in den besetzten Gebieten und der Türkei gedreht wurde, ist das fesselnde Spielfilmdebüt der britisch-palästinensichen Filmemacherin Farah Nabulsi. Der Film feierte seine Weltpremiere im September 2023 im Wettbewerb des Toronto International Film Festival.
Palästina, Vereinigtes Königreich, Katar 2023, 115 Min., Originalfassung (Arabisch, Englisch) mit engl. Untertiteln
Termin wird bekannt gegeben
SUDAN
GOODBYE JULIA | WADAAN JULIA
Ein Spielfilm von Mohamed Kordofani
Die ehemalige Sängerin Mona (Eiman Yousif) lebt ein privilegiertes Leben der gehobenen Mittelklasse in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Ihre große Leidenschaft, das Singen, hat sie ihrem strenggläubigen Ehemann Akram zuliebe aufgegeben - frönt dieser Leidenschaft aber weiter heimlich, indem sie Jazzkonzerte besucht oder im Auto Gesangsübungen macht. Bei einer ihrer Ausfahrten verursacht Mona durch eine Unachtsamkeit eine Kettenreaktion, die dazu führt, dass ihr Gatte einen unbekannten Mann erschießt. Dieser stammt aus dem Südsudan und gehört einer christlichen Minderheit an, die in Khartum in ärmlichen Verhältnissen lebt. Getrieben von Schuldgefühlen, macht Mona die Frau des Getöteten, Julia (Siran Riak), ausfindig und stellt diese als neues Dienstmädchen ein. Indem sie Julia und deren Sohn finanziell unterstützt, hofft sie, ihre gefühlte Schuld wenigstens ansatzweise wieder gutzumachen. Doch was, wenn Julia hinter ihr Geheimnis kommt?
Goodbye Julia ist ein spannendes Charakterdrama um Schuld und Vergebung vor dem Hintergrund der Ereignisse, die zur Abspaltung des Südsudan führten. Mohamed Kordofanis Spielfilmdebüt feierte als erster sudanesischer Film seine Welpremiere in Cannes 2023 (Un Certain Regard) und erhielt den Freiheitspreis. Co-Produzent des Filmes ist Amjad Abu Alala, der als Regisseur des sudanesischen Films You Will Die at Twenty 2019 beim Arabischen Filmfestival zu Gast war.
Sudan, Ägypten, Deutschland, Frankreich, Saudi Arabien, Schweden 2023, 116 Min., Originalfassung (Arabisch) mit dt. Untertiteln
Do 05.10., 19.30 h
Innenstadtkinos EM Stuttgart
Fr 13.10., 20.00 h
Kupferbau HS 24 Tübingen
ERÖFFNUNGSFILM
EYES ON SUDAN
Am 15. April 2023 brach im Sudan ein Krieg zwischen zwei rivalisierenden militärischen Gruppierungen aus. Zwei Mitglieder der Sudanese Film Group, Suliman Elnour und Ibrahim Shaddad, mussten den Sudan verlassen. Sie ließen ihre Arbeit, ihre Archive und ihren gesamten Besitz zurück und flohen im Juni 2023 mit ihren Familien nach Kairo. Das Arsenal Institut für Film und Videokunst e.V. (Berlin) unterstützt die beiden Filmemacher, indem es ihre Filme deutschlandweit zeigt. Das Arabische Filmfestival präsentierte 2019 die Werke der Sudanese Film Group, die nun online beim Arsenal Institut zu sehen und auch auf DVD beim Institut unter www.arsenal-berlin.de erhältich sind, und unterstützt die Kampagne mit der Aufführung zweier Filme des sudanesischen Malers, Dichters und Filmemachers Hussein Shariffe (1934-2005). Shariffe floh nach dem Militärputsch von 1989 ins Exil. Sein drittes und letztes Ziel in einem langen Leben grenzüberschreitender Mobilität war ebenfalls Kairo, wo er seine künstlerische Praxis im Exil fortsetzte, die die Grenzen zwischen Film, Poesie, Literatur und Malerei überschritt.
Di 10.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
DIARY IN EXILE
Ein Film von Hussein Shariffe und Atteyat Al Abnoudy
DIARY IN EXILE ist ein Dokumentarfilm, der mittels einer Kombination von Ton, Bild, Farbe und Zeugenaussagen die Zeit nach dem fundamentalistischen Militärputsch im Sudan 1989 historisch darstellt. In dieser Zeit wanderte eine große Zahl von Sudanes*innen aus ihrem Land in alle Teile der Welt aus. Der Sudan wurde zu einem Vertreiber seines Volkes. Die überwiegende Mehrheit der sudanesischen Migrant*innen ging nach Ägypten, wo der Film gedreht wurde. Seit dem Militärputsch gibt es schätzungsweise drei Millionen sudanesische Migrant*innen in Ägypten. Der Film bewegt sich zwischen verschiedenen Schichten der sudanesischen Gemeinschaften in Ägypten und wirft durch persönliche Zeugnisse ein Licht auf ihre einfachen Lebensverhältnisse. Alle liefern Teile der Saga, alle haben in Ägypten Zuflucht gefunden. Alle träumen davon, eines Tages in den Sudan zurückzukehren.
Sudan 1993, 55 Min, OmeU
Di 10.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
THE DISLOCATION OF AMBER
Ein Film von Hussein Shariffe
Der Film zeigt die Stadt Sawakin, eine ehemals florierende Hafenstadt
im Sudan. Heute liegt sie in Trümmern. Shariffe machte Gebrauch
von Symbolen – Skorpionen, Muscheln und Kamelkarawanen –,
um das Gefühl vollkommener Verlassenheit zu betonen. Begleitet werden
die Bilder durch Gedichte, die von dem sudanesischen Sänger Abdel-Aziz
Dawoud gesungen werden.
„
Heute sind nur noch schwache Spuren ihres alten Wohlstands zu erkennen … eine
getrübte Reflexion in einem zerbrochenen Spiegel; leere Augen mit
den Sternen in einem anderen Haus, Lachen in einem anderen Raum.“ (Hussein
Shariffe, 1974)
Sudan 1975, 32 Min, OF
Di 10.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
SYRIEN
NEZOUH
Ein Spielfilm von Soudade Kaadan
Die 14-jährige Zeina lebt mitten in Damaskus in einem zerbombten Viertel, aus dem alle geflohen sind. Ihr Vater Motaz beharrt eisern darauf, zu bleiben, weil er Angst hat, zum Flüchtling zu werden. Hala, Zeinas Mutter, möchte nichts lieber als gehen. Ihre raren Momente von Freude und Freiheit sind jene, in denen sie mit Zeina zu Popmusik tanzt. Dann reisst eine Bombe ein Loch in die Decke von Zeinas Zimmer, was mindestens zwei Vorteile hat: Sie kann unter freiem Himmel träumen und lernt den gleichaltrigen Amer kennen, der auf den Dächern des Quartiers ausharrt.
Mit zärtlichem und gleichzeitig amüsiertem Blick erzählt Soudade Kaadan vom emanzipatorischen Weg einer jungen Frau und ihrer Mutter aus dem Wahnsinn der Männer heraus. In einem geschlossenen Raum, der sich zum Himmel, den Sternen in Richtung Meer öffnet, beweist die syrische Filmemacherin ein ausgeprägtes Gespür für Poesie und traumwandlerische Szenen. Nezouh wurde 2022 in Venedig uraufgeführt und mit dem Publikumspreis und dem Lanterna Magica-Preis ausgezeichnet.
Syrien, Palästina, Katar 2022, 103 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
Sa 08.10., 19.00 h
Linden-Museum Stuttgart
Do 12.10., 18.15 h
Kupferbau HS 22 Tübingen
UNDER THE SKY OF DAMASCUS
Ein Dokumentarfilm von Heba Khaled, Talal Derki und Ali Wajeeh
In Damaskus kommt ein Kollektiv junger Schauspielerinnen zusammen, um zum Thema Misogynie und Gewalt gegen Frauen zu recherchieren. Der Alltag in Syrien ist nicht nur durch den jahrelangen Krieg geprägt, sondern auch durch internalisierte Gewalt in der Familie und am Arbeitsplatz. Mit den bewegenden anonymen Aussagen zahlloser Frauen wollen Eliana, Inana, Farah, Grace und Souhir gemeinsam ein Theaterstück erarbeiten und Tabus brechen. Doch sie stoßen auf Widerstand, in ihren Familien und sogar bei Diskussionen innerhalb der Gruppe. Als ihr feministisches Projekt auf unerwartete Hürden stößt, wird ihr Enthusiasmus auf die bisher härteste Probe gestellt.
Das syrische Regieduo Talal Derki und Heba Khaled hat zusammen mit Ali Wajeeh - und aus der Distanz seines Berliner Exils - Regie geführt. In ihrem Kommentar ordnet Heba Khaled die Bilder und die Unterdrückung syrischer Frauen ein und schlägt Brücken zu ihrer eigenen Geschichte sowie zu der Schauspielerin Sabah Al Salem. Under the sky of Damascus wurde auf der Berlinale 2023 uraufgeführt.
Syrien, Dänemark, Deutschland, USA 2023, 88 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln
Mi 11.10., 19.30 Uhr
Theater am Olgaeck Stuttgart
TUNESIEN
FOUR DAUGHTERS | OLFAS TÖCHTER
Ein Dokumentarfilm von Kaouther Ben Hania
Das Leben von Olfa, einer Tunesierin und Mutter von vier Töchtern, schwankt zwischen Licht und Schatten. Eines Tages verschwinden ihre beiden ältesten Töchter. Um ihre Abwesenheit im Film zu überbrücken, engagiert Kaouther Ben Hania professionelle Schauspielerinnen und stellt ein außergewöhnliches filmisches Dispositiv auf die Beine, das den Schleier über der Geschichte von Olfa und ihren Töchtern lüften soll. Eine intime Reise voller Hoffnung, Rebellion, Gewalt, Übertragung und Schwesternschaft, die die Grundlagen unserer Gesellschaften hinterfragt.
Die tunesische
Filmemacherin Kaouther Ben Hania gilt als eine der aufregendsten neuen
Stimmen Nordafrikas. Ihr Film Der Mann, der seine Haut verkaufte
(The Man Who Sold His Skin) war 2021 für den Oscar als Bester Internationaler
Film nominiert. Four Daughters feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb
in Cannes 2023 und erhielt vier Auszeichnungen (Bester Dokumentarfilm
(L’Œil d’Or), The Postive Cinema Award, The Citizenship
Award, Special Mention François Chalais Prize).
Four Daughters
ist Tunesiens Einreichung für den Oscar© 2024.
Tunesien 2023, 110 Min., Originalfassung (Arabisch) mit dt. Untertiteln
Fr 06.10., 19.00 h
Linden-Museum Stuttgart
MACHTAT
Ein Dokumentarfilm von Sonia Ben Slama
Mahdia, Tunesien. Fatma und ihre Töchter Najeh und Waffeh arbeiten als „Machtat“, traditionelle Musikerinnen, die bei Hochzeiten auftreten. Ihre Musik spricht von der Liebe und ihre Versprechen, doch die Realität ist viel komplexer und schmerzhafter. Najeh ist geschieden und möchte erneut heiraten, um der Autorität ihrer Brüder zu entgehen, während Waffeh versucht, einen Weg zu finden, ihren gewalttätigen Ehemann zu verlassen. Trotz dieser Schwierigkeiten sind Fatma und ihre Töchter starke und unabhängige Frauen, die den Männern die Stirn bieten und sich den sozialen Normen ihrer Gemeinschaft widersetzen. Machtat ist ein starkes emanzipatorisches Porträt von drei Frauen, die trotz Illusionen und Enttäuschungen ihren Stimmen folgen.
Machtat lief bei den Filmfestspielen in Cannes 2023 in der ACID-Sektion.
Tunesien, Libanon, Frankreich, Katar 2023, 82 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln