ÄGYPTEN


BOY FROM HEAVEN | WALAD MIN AL JANNA
Ein Spielfilm von Tarik Saleh

Für Adam (Tawfeek Barhom), Sohn eines Fischers aus Nordägypten, geht mit einem Stipendium für die renommierte al-Azhar-Universität in Kairo ein Traum in Erfüllung – sie ist das Epizentrum des sunnitischen Islam und der religiösen Macht Ägyptens. Als der Rektor der Uni vor den Augen seiner Studenten plötzlich stirbt, beginnt ein Machtkampf um dessen Nachfolge. Der dubiose Regierungsbeamte Ibrahim (Fares Fares) engagiert Adam als Informanten und bringt ihn damit nicht nur zwischen die Fronten der religiösen und politischen Eliten des Landes, sondern auch in Lebensgefahr. Der Film entblößt auf subtile Weise die von politischen Machtspielen geprägte ägyptische Gesellschaft und gewährt faszinierende Einblicke in die in Europa eher unbekannte Welt des sunnitischen Islam.
Dem ägyptisch-schwedischen Regisseur Tarik Saleh gelingt ein vielschichtiger Thriller, mit atemberaubenden Bildern. Boy From Heaven feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des 75. Festival de Cannes 2022 und erhielt die Auszeichnung für das beste Drehbuch.

Schweden, Finnland, Frankreich 2022, 120 Min., Originalfassung (Arabisch) mit dt. UT

Do., 6.10., 20.00 h
Innenstadtkinos – CINEMA Stuttgart

ERÖFFNUNGSFILM


ALGERIEN (FOKUS)


HELIOPOLIS
Ein Spielfilm von Djaffar Gacem

Algerien, 1945: Familie Zenati lebt in Heliopolis in der Provinz Guelma. Als reicher Grundbesitzer genießt Mokdad Zenati in der französischen Kolonialgesellschaft einen guten Ruf und verteidigt die Assimilierung der Algerier. Sein Sohn Mahfoud lehnt das entschieden ab und setzt sich für die Unabhängigkeit Algeriens ein. Djaffar Gacems Film beruht auf wahren Begebenheiten und erörtert anhand eines Familienstreits die Gründe für die Demonstrationen vom 8. Mai 1945. In Algerien ist der Siegestag der Alliierten der Tag der Massaker von Sétif, Guelma und Kherrata, die von der französischen Kolonialmacht verübt wurden und die einen Wendepunkt im Kampf um die Unabhängigkeit Algeriens darstellen.

Algerien 2021, 116 Min., Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit engl. UT

Do., 13.10., 19.30 h,
Theater am Olgaeck Stuttgart


THE LAST QUEEN | EL AKHIRA
Ein Spielfilm von Adila Bendimerad und Damien Ounouri

1516. Der Pirat Aroudj Barbarossa befreit Algier von der Tyrannei der Spanier und ergreift die Macht über das Königreich. Gerüchten zufolge hat er König Salim Toumi ermordet, obwohl er mit ihm ein Bündnis geschlossen hatte. Trotz aller Widrigkeiten wird sich eine Frau Barbarossa entgegenstellen: Königin Zaphira. Das Leben dieser Frau, die teils Geschichte, teils Legende ist, erzählt von einem kompromisslosen Kampf, von persönlichen und politischen Turbulenzen, die sie um Algiers willen ertragen hat.
Der erste Spielfilm von Adila Bendimerad, die ebenso die Hauptrolle als Königin Zaphira übernimmt, und Damien Ounouri ist ein bildgewaltiges historisches Epos über das Leben der Königin, die eine Zeit großer Veränderungen in der kosmopolitischen und sich mit der Ankunft der Spanier und der ersten Osmanen ständig verändernden Stadt Algier erlebt. The last queen lief jüngst auf dem Filmfestival in Venedig 2022 (Giornate degli Autori).

Algerien, Frankreich, Saudi Arabien, Katar, Taiwan, 2022, 110 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. UT

So., 09.10., 19.00 h,
Linden-Museum Stuttgart

Fr., 14.10., 19.45 h,
Kupferbau HS22 Tübingen


FADHMA N’SOUMER
Ein Spielfilm von Belkacem Hadjadj

Fadhma, ein schönes eigensinniges Mädchen mit starker Persönlichkeit, scheint von klein auf eine Mission zu haben. Immer wieder bricht sie die archaischen strengen Regeln der kabylischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und wird zunächst zur spirituellen Autorität. Später wird ihr soziale und militärische Macht verliehen und somit führt sie den Widerstand gegen die französischen Besatzer der Kabylei.
Regisseur Hadjadj erweckt in seinem Biopic die außergewöhnliche Geschichte der sagenumwobenen Widerstanskämpferin, die von den Franzosen auch als „Kabyliens Johanna von Orléans“ bezeichnet wurde und eine zentrale Rolle bei der Vereinigung der Kabylenstämme gegen die französischen Invasoren spielte.

Algerien 2014, 116 Min., Originalfassung (Amazigh, Arabisch, Französisch) mit engl. UT

Di., 11.10., 19.30 h,
Theater am Olgaeck Stuttgart


NO MORE STORIES! | NE NOUS RACONTEZ PLUS D'HISTOIRES
Ein Dokumentarfilm von Carole Filiu-Mouhali und Ferhat Mouhali

Sie ist Französin, er ist Algerier. Ihre gesamte Kindheit war vom Algerienkrieg geprägt. Jeder hatte das Recht auf seine Version der Geschichte: Für die Journalistin Carole Filiu-Mouhali, Tochter eines Pied-noir, ist es die traumatische Erinnerung einer erzwungenen Ausreise. Für den Regisseur und Menschenrechtsaktivisten Ferhat Mouhali, die mythische Darstellung einer glorreichen Unabhängigkeit. Weit entfernt von der offiziellen Geschichtsschreibung treffen sie auf Zeitzeugen, deren Worte absichtlich vergessen wurden , und die gegen den Krieg der Erinnerungen kämpfen, um einer versöhnlicheren Wahrheit Gehör zu verschaffen.
Jahrzehntelang herrschte in Algerien und Frankreich eine offizielle Amnesie. Paris weigerte sich, über den "Krieg" zu sprechen, Algier lehnte jede Darstellung ab, die nicht der offiziellen Linie der Nationalen Befreiungsfront (FLN) entsprach, die von 1962 bis 1989 die einzige Partei war und 1999 wieder an die Macht kam. Auf beiden Seiten des Mittelmeers war die Bevölkerung gezwungen, ihr Leid, ihre Erinnerungen an Vertreibung und Folter zu verdrängen. Dieser Krieg, der sieben Jahre dauerte, soll mehr als eine Million algerische Todesopfer gefordert haben. Sowohl Algeriens als auch Frankreichs neue Generationen wollen wissen und verstehen. Der Dokumentarfilm Ne nous racontez plus d'histoires trägt dazu bei, das Schweigen zu brechen, und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen, deren Schilderungen von der offiziellen Geschichtsschreibung abweichen.

Algerien, Frankreich 2020, 89 Min., Originalfassung (Tamazight, Französisch, Arabisch) mit engl. UT

So., 09.10., 17.00 h,
Linden-Museum Stuttgart

Regisseur Ferhat Mouhali anwesend


ABD EL KADER
Ein Dokumentarfilm von Salem Brahimi

Es gibt Geschichten, die mehr als nur Geschichten sind. Es gibt vergangene Zeiten, die uns näher sind als das Gestern. Es gibt Namen, die viel mehr hervorrufen, als die Geschichte eines Mannes. Die Geschichte beginnt im 19. Jahrhundert in Algerien … und dauert aber bis heute an. Der Film behandelt das Leben eines Mannes namens Abd El Kader al-Dschaza'iri - Vater der algerischen Nation, Freiheitskämpfer und Gelehrter.

Algerien 2014, 96 Min., Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit engl. UT

So., 09.10., 19.00 h,
Theater am Olgaeck Stuttgart


LA ZERDA ET LES CHANTS DE L’OUBLI | LA ZERDA UND DIE GESÄNGE DES VERGESSENS 
Ein Dokumentarfilm von Assia Djebar

Assia Djebar und ihr Ko-Autor Malek Alloula verbrachten ein halbes Jahr in den Archiven von Pathé und Gaumont und sichteten Filmmaterial, das französische Dokumentaristen zwischen 1912 und 1942 gedreht hatten. Assia Djebar über das Thema ihres Films, der ersten Regiearbeit einer Frau in der algerischen Filmgeschichte: „In einen völlig unterworfenen und zum Schweigen gebrachten Maghreb strömten Fotografen und Filmemacher, um Aufnahmen von uns zu machen. …Die Zerda ist jenes langsam aussterbende Fest, das sie angeblich bei uns einfangen wollten ...“. Die vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin und Filmemacherin fügt hier die fremden Blicke der Kolonialherren zusammen - entlarvend, kritisch, bitter. Die von ihr konzipierte Tonspur lässt anonyme Stimmen und Dichtungen erklingen, und „Gesänge des Vergessens“ intervenieren, die sich zu sich zu einem polyphonen Abgesang auf die koloniale Gewalt verbinden.?? Anfang der 1980er-Jahre schuf Djebar mit diesem poetischen Filmessay eine neue Art, die algerische Geschichte zu verstehen. Der Film zeigt exemplarisch, wie die Entkolonialisierung, die von jahrhundertelanger, europäischer Hegemonie über weite Teile des globalen Südens geprägt ist, auch zu einer Sache des Kinos wurde und verweist darauf, dass die koloniale Vergangenheit unsere Gegenwart weiterhin heimsucht.
La zerda et les chants de l’oubli erhielt den Sonderpreis der Berlinale 1983 für den besten historischen Film.

Algerien 1982, 60 Min., Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit dt. UT

Fr., 14.10., 19.00 h,
Linden-Museum Stuttgart


IN MEMORIAM YAMINA BACHIR CHOUIKH

RACHIDA
Ein Spielfilm von Yamina Bachir Chouikh

Algerien in den schlimmsten Zeiten des Terrors: Die junge Lehrerin Rachida lebt und arbeitet in einem der alten Stadtviertel von Algier. Die selbstbewusste junge Frau ist bei Schülern und Kollegen sehr beliebt. Als sie Opfer eines Terroranschlags wird, zieht sie mit ihrer Mutter aufs Land. In einem kleinen Dorf gewährt ihnen eine Verwandte in ihrem Haus Zuflucht. Nach und nach findet sich Rachida in die dörfliche Lebenswelt ein und erfährt die Solidarität der Frauen untereinander. Schon bald beginnt sie in der Dorfschule wieder zu unterrichten – aber die Ruhe erweist sich als trügerisch. Denn auch dort bleibt sie vom Terror nicht verschont.
Ein Film über Gewalt und Widerstand, über Angst und Mut, über Männer- und Frauenwelten – und ein Film über Algerien, dessen Bewohner sich vom Terror nicht unterkriegen lassen. Ein Film, der den Zeichen des Todes die des Lebens entgegenstellt. Rachida erhielt 2002 den Prix des Cinémas du Sud in Marrakech und den Friedensfilmpreis beim Festival Osnabrück 2003. Yamina Bachir Chouikh war eine der wichtigsten Filmemacherinnen Algeriens. Sie verstarb im April 2022.

Algerien, Frankreich 2002, 100 Min., Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit dt. UT

So., 09.10., 17.00 h,
Theater am Olgaeck Stuttgart

EINTRITT FREI


TIMGAD
Ein Spielfilm von Fabrice Benchaouche

Wie durch ein Wunder werden in dem kleinen algerischen Ort Timgad, der durch seine antiken römischen Ruinenfelder bekannt ist, am 4. Dezember 1996 zwölf Kinder geboren, elf Jungen, die „Söhne eines Tages“, und ein Mädchen. Kurz darauf wird der Ort von fanatisierten Djihadisten überfallen, wobei die Väter der Jungen fast alle ums Leben kommen. Zehn Jahre später gründet der fußballbegeisterte Dorfschullehrer Mokhtar mit den elf Jungen seiner Klasse den Fußballclub Juventus Timgad. Er hat sich vorgenommen, mit seinem Team an der Fußballmeisterschaft in Marseille teilzunehmen und den Kindern auf diese Weise eine bessere Zukunft in einem neuen Algerien zu ermöglichen. Ohne anständige Schuhe und einen fähigen Coach haben die Jungen leider bisher fast jedes Fußballspiel verloren. Insbesondere ihr Gegner Batna hat sich dabei zu einem echten Rivalen herauskristallisiert. Doch dann kommt eines Tages Jamel, ein französisch-algerischer Achäologe aus Marseille ins Dorf Timgad. Und der Neuankömmling versteht etwas von Fußball.

Algerien, Frankreich, Belgien 2016, 96 Min., Originalfassung (Arabisch, Französisch) mit dt. Untertiteln, FSK 6, empfohlen ab 10

So., 09.10., 15.00 h
Linden-Museum, Stuttgart

Programm für Kinder und Familien (Eintritt frei)


IRAK


THE WOODMAN RAGOL ALKHASHAB
Ein Spielfilm von Koutaiba Al-Janabi

Eine lebensgroße Holzpuppe wird durch einen Wald gejagt bis sie sich im Haus einer Frau versteckt. Sie ist zunächst erschrocken, empfindet aber zunehmend Mitleid. Als die Frau das Haus verlässt, wird die Zuflucht der Holzpuppe zu ihrem Gefägnis. Wird sie den Weg zurück nach Hause finden? Wie ein Großteil seiner Filmografie beschäftigt sich auch der jüngste Film des irakisch-britischen Regisseurs Al-Janabi mit Themen wie Vertreibung und Exil. Inspiriert wurde er dabei von seinen Erfahrungen als Iraker, der in den 1970er Jahren aus seiner Heimat Bagdad nach Europa fliehen musste. The Woodman, sein dritter Spielfilm nach Leaving Baghdad (2010) und Stories Of Passers Through (2017), ist ein experimentelles und surreales Werk, das sich mit den Themen Außenseitertum und Heimatsuche befasst.

Irak, UK, Katar 2021, 76 Min., Originalfassung (Ungarisch, Englisch, Arabisch) mit engl. UT

Mi., 12.10., 19.30 h,
Theater am Olgaeck,Stuttgart


JORDANIEN


DAUGHTERS OF ABDUL-RAHMAN
Ein Spielfilm von Zaid Abu Hamdan

In einem Viertel der unteren Mittelklasse in Amman fristet die alleinstehende Zainab, eine Frau mittleren Alters, ein tristes Dasein als Näherin und Pflegerin ihres Vaters, eines sturen alten Mannes, der langsam senil wird. Eines Morgens wacht Zainab auf und stellt fest, dass ihr Vater verschwunden ist. Dies könnte sie in der Nachbarschaft in Verruf bringen. Um ihren Vater zu finden, muss Zainab sich nun mit ihren drei entfremdeten Schwestern im alten Familienhaus treffen. Doch die feurige Amaal hat mit ihrem eigenen Geheimnis zu kämpfen und will ihre konservative Schwester Samah nicht dabei haben, während die junge Khitam, sich auf ihre eigene Mission konzentriert. Der Streit zwischen den Schwestern bringt alte Geheimnisse ans Licht und treibt sie an den Rand ihrer Kräfte. Doch nur durch die Überwindung ihrer Differenzen werden sie ihren Vater finden können und entdecken, wer sie wirklich sein wollen.
Eine herzerwärmende Komödie über vier verschiedene Frauen, die in einer patriarchalischen Gesellschaft Entscheidungen treffen müssen.
Daugters of Abdul-Rahman feierte seine Weltpremiere auf dem Cairo International Film Festival 2021 und wurde mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

Jordanien, Ägypten, USA, Katar 2021, 112 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. UT

Fr., 14.10., 20.00 h,
Theater am Olgaeck, Stuttgart

Sa., 15.10., 18.00 h,
Kupferbau HS22, Tübingen


LIBANON


COSTA BRAVA, LEBANON
Ein Spielfilm von Mounia Akl

Walid (Saleh Bakri) hat sich mit seiner Frau Souraya (Nadine Labaki), ihren beiden Töchtern und der kranken Mutter aus dem in Müll und Korruption versinkenden Beirut abgesetzt und der Familie in den Hügeln fernab der Hauptstadt ein kleines Paradies geschaffen. Die Familie lebt nun mitten in Olivenhainen,  bewirtschaftet ihren Garten und genießt die Tage. Tala, die 16-jährige Tochter, erlebt erste sexuelle Regungen, während die neunjährige Schwester Rim imaginäre Feinde erfindet und die lungenkranke Großmutter Zeina die frische Luft genießt. Das relative Glück endet an dem Tag, an dem direkt unterhalb ihres Hauses eine Mülldeponie errichtet wird. Was lässt sich in der Dekadenz einer korrupten Welt noch tun?
Die junge libanesische Regisseurin Mounia Akl blickt in den Familienalltag und spiegelt im wachsenden Konflikt die Explosionen am Hafen Beiruts und die Müllkrise. Costa Brava feierte seine Weltpremiere 2021 in Venedig, lief in Toronto und war die libanesische Einreichung für das Oscar©-Rennen 2022.

Libanon, Katar, Spanien, Schweden, DK, USA, F 2021, 106 Min., Originalfassung (Arabisch) mit dt. Untertiteln

Sa., 08.10., 20.00 h,
Theater am Olgaeck, Stuttgart

Sa., 15.10., 20.00 h,
Kupferbau HS24, Tübingen


SIRENS
Ein Dokumentarfilm von Rita Baghdadi

Libanesisch, weiblich, queer – und eine Thrash-Metal-Band: Slave to Sirens betritt mit wilden Haaren und in Lederstiefeln die Bühne und schreit ihre rebellischen Lyrics in die tobende Menge. Mit ihrem kompromisslosen Sound versucht die Band aus Beirut, jedes Hindernis zu zerschmettern, das jungen Frauen im Libanon im Weg steht. Lilas, Shery, Maya, Alma und Tatyana haben große Träume, doch in ihrer Heimat bieten sich ihnen nur wenige Chancen. Ein Auftritt auf einem britischen Musikfestival führt nicht zum ersehnten Durchbruch, zwischen Lilas und Shery kommt es zu allem Übel auch noch zum Zerwürfnis. Wird sich die Band wieder zusammenraufen können?
Der energiegeladene Dokumentarfilm von Rita Baghdadi, der seine Weltpremiere in Sundance 2022 feierte, porträtiert die erste weibliche Metal-Band in Nahost, zeigt die homophobe Gesellschaft, die instabile Lage, die korrupte Elite – und die Kraft der Musik.

Libanon, USA 2022, 78 Min., Originalfassung (Arabisch, Englisch) mit engl. Untertiteln

Mo., 10.10., 19.00 h,
Linden-Museum, Stuttgart

Fr., 14.10., 18.30 h,
Kupferbau HS22, Tübingen


KASH KASH – WITHOUT FEATHERS WE CAN’T LIVE
Ein Dokumentarfilm von Lea Najjar

Zweimal täglich bevölkert sich der Himmel über Beirut mit Tauben. Aus den Käfigen auf den Dächern hoch über der Stadt fliegen Vogelschwärme in die Luft. Ihr Flug folgt der Tradition des Kash hamam, eines uralten Spiels. Jeder Spieler lässt seine Tauben über seinem Viertel kreisen, in der Hoffnung die Tauben des Nachbarn auf das eigene Dach zu locken und so den eigenen Schwarm zu vergrößern. Das Schicksal der Tauben ist es, von einem Spieler zum nächsten zu wechseln und weiterverkauft zu werden. Während die Tauben frei über der Stadt kreisen, taucht der Film in die Lebensrealitäten ihrer Besitzer ein. Da ist Hasan, der sein Leben ganz den Tauben widmet, Radwan, der Barbier, ein Fischer und das Mädchen, das auch einmal Vögel fliegen lassen möchte. Sie alle leiden in einer Stadt, in der alles immer teurer wird, sich die Lebensbedingungen verschlechtern und eine korrupte politische Elite das Sagen hat. In dem freien Spiel mit den Vögeln, lebt für sie eine Utopie, die Ausdruck ihrer Sehnsucht nach einem friedlichen und freien Leben ist – auch auf der Erde.
Lea Najjars impressionistisches Langfilmdebüt Kash Kash hatte seine Weltpremiere beim CPH:Dox 2022 in Kopenhagen (Next Wave Preis) und ist ein lebendiges Porträt des Libanons und seines chaotischen Zustands, in dem die Dächer hoch über den Straßen der Stadt zu einem hoffnungsvollen Zufluchtsort werden.

Libanon, Deutschland, Katar 2022, 90 Min., Originalfassung (Arabisch) mit dt. Untertiteln

Di., 11.10., 19.00 h,
Linden-Museum, Stuttgart


LIBYEN


THE COLONEL’S STRAY DOGS
Ein Dokumentarfilm von Khalid Shamis

Als Muammar el Gaddafi 1969 die Macht ergreift, schließt sich Ashur Shamis, der Anfang der 1960er Jahre Libyen in Richtung Großbritannien verlassen hat, dem organisierten Widerstand an. Jahrzehntelang kämpft er aus dem Exil gegen das Regime und wird zum libyschen Staatsfeind Nummer eins. Auf ihn wird ein Kopfgeld von einer Million Dollar ausgesetzt. Shamis Traum von einem freien Libyen hätte ihn und seine Familie fast das Leben gekostet. Als Shamis schließlich nach dem Sturz Gaddafis 2011 zum ersten Mal in sein Heimatland reist, wird er als Held empfangen. Doch stellt sich für ihn schnell die Frage, ob es dort einen Platz für Menschen gibt, die seine Ideale teilen. In The Colonel’s Stray Dogs stellt Regisseur Khalid Shamis die Entscheidungen seines Vaters in Frage und zeichnet das Porträt eines Mannes, den er nie ganz zu fassen bekommen hat.

Libyen, Südafrika, Katar 2021, 73 Min., Originalfassung (Arabisch, Englisch) mit engl. Untertiteln

Do., 13.10., 19.00 h,
Linden-Museum, Stuttgart


MAROKKO


QUEENS | MALIKATES
Ein Spielfilm von Yasmine Benkiran

In Casablanca begibt sich ein rebellisches Frauentrio auf eine Reise, die sie durch die zerklüftete Landschaft und die blumenreichen Täler des Atlasgebirges führt. Eine Mutter, die ihre Tochter aus der Obhut der Polizei retten will, und eine junge Frau, deren Lastwagen sie auf der Flucht vor den Behörden entführen, möchten die südliche Atlantikküste erreichen. Auf der Flucht vor den Sicherheitskräften stürzen sie sich in einen halsbrecherischen Wettlauf gegen die Zeit.
Regisseurin Yasmine Benkiran liefert in ihrem ersten Film ein vibrierendes feministisches Roadmovie in spektakulärer Kulisse. „Mein Film feiert die Freiheit und die Kraft der Fantasie und zeigt, wie wichtig es für Frauen ist, sich von den patriarchalischen Traditionen der heutigen marokkanischen Gesellschaft zu befreien“, so Benkiran (Variety, 31. August 2022).
Queens feierte seine Premiere jüngst auf dem Filmfestival in Venedig 2022 (Abschlussfilm der Settimana Internazionale della Critica).

Marokko, Belgien, Frankreich 2022, 83 Min., Originalfassung (Arabisch, Darija) mit engl. Untertiteln

Fr., 07.10., 19.00 h,
Innenstadtkinos – CINEMA Stuttgart


CASABLANCA BEATS
Ein Spielfilm von Nabil Ayouch

Der ehemalige Rapper Anas (Anas Basbousi) nimmt einen Job in einem Kulturzentrum im Arbeiterviertel von Sidi Moumen in Casablanca an. Ermutigt durch ihren neuen Lehrer, finden seine Schüler*innen im Hip-Hop Ausdruck, um sich von den Fesseln der Traditionen zu befreien und ihre Leidenschaft zu leben. Casablanca Beats ist eine spannende Mischung aus Straßenmusical, inspirierendem Lehrerdrama und Dokumentarfilm, da die realen Teilnehmer*innen des Zentrums als fiktionalisierte Versionen ihrer selbst dargestellt werden. Casablanca Beats hatte seine Weltpremiere im Wettbewerb in Cannes 2021 und war Marokkos Einreichung für das Rennen um die Oscars© 2022.

Marokko, Frankreich 2021, 101 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln

Do., 13.10., 20.00 h,
Kupferbau HS22, Tübingen

Fr., 14.10., 20.15 h,
Linden-Museum, Stuttgart


PALÄSTINA


HUDA´S SALON
Ein Spielfilm von Hany Abu-Assad

Reem (Maisa Abd Elhadi), eine junge Mutter, die mit einem eifersüchtigen Mann verheiratet ist, besucht den Salon von Huda (Manal Awad) in Bethlehem. Dieser gewöhnliche Besuch wird jedoch getrübt, als Huda Reem in eine beschämende Situation bringt und sie erpresst, um für den Geheimdienst der israelischen Besatzer zu arbeiten und damit ihr Volk zu verraten. Reem gerät immer mehr in die Zwickmühle und versucht, sich aus einem unmöglichen Dilemma zu befreien.
Mit Huda´s Salon gelingt Hany Abu-Assad (Paradies Now und Omar, beide Oscar-nominiert) ein Thriller voller politischer und emotionaler Wendungen, der eine durch die Besatzung geprägte Gesellschaft zeigt, die von Verrat und Intrigen vergiftet ist.

Palästina, Ägypten, Katar, Niederlande 2021, 91 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln

Sa., 08.10., 18.00 h,
Theater am Olgaeck, Stuttgart


SYRIEN


NACHBARN
Ein Spielfilm von Mano Khalil

In einem syrischen Grenzdorf in den frühen 1980er-Jahren erlebt der kleine Sero sein erstes Schuljahr. Er spielt freche Streiche mit seinen Kameraden und träumt von einem Fernseher, damit er endlich Cartoons schauen kann. Am Sabbat darf er die Lichter seiner jüdischen Nachbarn anzünden, mit denen seine Familie eine enge Freundschaft verbindet. Gleichzeitig muss er erleben, wie die Erwachsenen immer mehr von nationalistischer Willkür und Gewalt erdrückt werden. Ein neuer Lehrer kommt ins Dorf und mit ihm ein sehr rauer Wind. Bald wirkt sich seine antisemitische Lehre auf die gesamte Gemeinschaft aus.
Mit feinem Sinn für Humor und Satire zeichnet Regisseur Mano Khalil in seinem neuen Film das Bild einer Kindheit, die unter der Assad-Diktatur auch leichte Momente findet. Der Film ist inspiriert von seinen persönlichen Kindheitserlebnissen und spannt die berührende Erzählung bis in die syrische Tragödie der Gegenwart.

Schweiz, Frankreich 2021, 124 Min., Originalfassung (Kurdisch, Arabisch, Hebräisch) mit dt. UT

Mittwoch 12.10., 20.00 h,
Kino im Waldhorn Rottenburg

ab Do., 13.10.,
Innenstadtkinos – CINEMA Stuttgart

Fr., 14.10., 19.00 h,
Kupferbau, HS 22, Tübingen


TUNESIEN


UNDER THE FIG TREES | TAHT EL KARMOUSS
Ein Spielfilm von Erige Sehiri

Ein Sommertag in Tunesien: Für Malek, Fidé, Sana und Mariem sind die langen Arbeitstage auf den Feldern eine Möglichkeit, ihre Familien zu unterstützen, doch vor allem auch um zusammen zu sein und der Monotonie ihres Landlebens zu entfliehen. Sie finden immer einen Weg, sich zu amüsieren, manchmal auf Kosten anderer, insbesondere der älteren Arbeiter. In dieser ländlichen Umgebung verbergen die Feigenbäume Momente der Intimität und der Spannung. Im Obstgarten entsteht ein wahres Theater der Gefühle, wo sich die Beziehung zur Arbeit, zur Liebe und zu den Jungs abspielt.
Mit viel Gespür für Details und einem Laienensemble erzählt die tunesisch-französische Regisseurin Erige Sehiri eine Geschichte, die direkt aus dem Leben gegriffen ist, und von Menschen, die im täglichen Miteinander eine starke Verbindung aufbauen. Inszeniert als Kammerspiel unter freiem Himmel ist der Film ein hellsichtig-poetisches Porträt einer jungen weiblichen Generation im Aufbruch.
Under the fig trees lief 2022 in Cannes (Quinzaine des Réalisateurs), Toronto (Wettbewerb), Karlovy Vary und Sarajewo.

Tunesien, Frankreich, Schweiz, Deutschland, Katar 2022, 92 Min., Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln

UNDER THE FIG TREES ist Tunesiens Einreichung für das Rennen um die Oscars© 2023

Sa., 15.10., 19.00 h,
Linden-Museum, Stuttgart

Sa., 15.10., 20.15 h,
Kupferbau HS22, Tübingen


HARKA
Ein Spielfilm von Lotfy Nathan

Ali (Adam Bessa), ein junger Tunesier, träumt von einem besseren Leben und bestreitet seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von geschmuggeltem Benzin auf dem örtlichen Schwarzmarkt. Eines Tages, so hofft er, wird er über das Mittelmeer nach Europa auswandern und ein besseres Leben führen können. Als aber sein Vater plötzlich stirbt, ist er gezwungen, sich um seine beiden jüngeren Schwestern zu kümmern und die drohende Zwangsräumung aus ihrer Wohnung abzuwenden. Was folgt, ist ein Kampf um seine Würde und gegen die Korruption. Es ist die Stimme einer ganzen Generation, die sich Gehör verschaffen will.
Lotfy Nathans Spielfilmdebüt Harka feierte im Mai 2022 seine Weltpremiere in Cannes in der Sektion Un Certain Regard und erhielt den Preis für den besten Darsteller für Adam Bessa.

Tunesien, Deutschland, Luxemburg, Belgien, Frankreich, USA 2022, 90 Min.,Originalfassung (Arabisch) mit engl. Untertiteln

Fr., 07.10.,21.00 h
Innenstadtkinos – CINEMA Stuttgart